Kulturgut ein kleines Wort für ein völkerübergreifendes, traditionelles Gut, welches die jeweilige Kultur ausmacht.
Was steckt hinter der Verbindung von Kulturgut und Volksfeste?
Volksfeste nennt man in den einzelnen Regionen auch: Kirchweih, Kerbe, Kirmes, Messe, Dult, Schützenfest oder Jahrmarkt. Sie werden seit über 1000 Jahren von einer Generation an die nächste Generation, zur Freude des Volkes weitergegeben, deshalb sind Volksfeste ein Teil unseres Kulturgutes. Sie sind als immaterielles Kulturerbe zu bezeichnen, welche sich durch ihre Vergangenheit, ihre Gegenwart und ihrer nahen Zukunft auszeichnen.
Wo liegen die Wurzeln des Kulturguts Volksfest?
Das Sakrale Fest ist meist durch Urkunden belegt. Diese Feste fielen fast immer mit der jährlich stattfindenden Kirchweihe und der Feier des heiligen Schutzpatrons zusammen. Frühestes Beispiel ist das Kiliani-Volksfest in Würzburg. Ursprünglich wurde der Namenstag des fränkischen Schutzpatrons, des Heiligen Kilian gefeiert. Am 13. Oktober 1030 genehmigte der damalige Kaiser Konrad den Älteren dem Bischof von Würzburg einen einmal im Jahr stattfindenden Jahrmarkt abzuhalten.
Ein weiteres Genre des Kulturguts Volksfest ist das Schützenfest. Im ausgehenden Mittelalter hatten Mitglieder von Schützengemeinschaften zunächst militärische Verteidigungsaufgaben der wachsenden Städte zu bewältigen. Später wurden Schießwettbewerbe durchgeführt. Es folgte ein „Schießen nach dem Vogel“. Es entstanden Schützengilden. Eine der ersten soll die Goslarer Schützengilde gewesen sein, deren Gründung durch eine Polizeiordnung von 1395 überliefert ist.
Eine dritte jüngere Festart ist ein Höfisches Fest Dafür wird der selbstständige Begriff „Volksfest“ verwendet. Die Höfischen Feste entstanden jedoch erst im 19. Jh. Anlässe waren Krönungen, Hochzeiten, u.a. Das wohl bekannteste Beispiel ist das Münchner Oktoberfest, das sich aus den Hochzeitsfeierlichkeiten der Vermählung von Kronprinz Ludwig und Prinzessin Therese Charlotte Louise von Sachsen-Hildburghausen entwickelte und heute in der ganzen Welt bekannt ist.
Welche Bedeutung hatten diese Feste für das einfache Volk?
Der religiösen Handlung und einer Prozession, bei der Reliquien des Heiligen öffentlich zur Schau getragen wurden, schloss sich eine weltliche Feier in der Domimmunität an. Es war eine willkommene Unterbrechung im mittelalterlichen Alltag der Bevölkerung. Gaukler, Artisten und Spielleute rundeten das bunte Treiben das hohe Kirchen- und Patronatsfest ab
Außerdem förderten die Märkte den wirtschaftlichen Aufschwung eines Orts. Gleichzeitig brachten die Besucher neue Nachrichten, Bekanntschaften und Ehen wurden geknüpft. Die Entwicklung der Märkte hing von der Lage des Orts an Fern- und Handelsstraßen, von der ökonomischen Situation des Umlands und seinen Bewohnern ab.
Die wachsenden Bevölkerungszahlen und die industrielle Revolution im 19. Jh. verbanden den Jahrmarkt und später auch die Schützenfeste als Ort des Handels mit dem Ort des Vergnügens und der Einführung technischer Errungenschaften. Es wurden zum Beispiel der Phonograph, der Kinematograf, die Röntgenstrahlung oder das Automobil auf Jahrmärkten dem Volk vorgestellt. Daneben waren Schausteller selbst innovativ und ihre praktischen Erkenntnisse an Dampfmaschinen und anderen Geräten wurden auch von der Industrie angewandt. Dazu kamen die Landwirtschaftsmessen, die oft den Höfischen Festen angeschlossen wurden.
Neben dem Handel und den sozialen Aspekten wurden auch einfache Bewegungsapparate zur Belustigung angeboten. Sie sind auf Stichen und Bildern des späten Mittelalters überliefert.
Deshalb beginnt auf den Volksfesten auch die Entwicklung der Karussells, Belustigungen und Verkaufsstände.
Welchen Wandel erlebten die Volksfeste?
Frühe Karussells und Belustigungen waren jedoch zunächst rein funktionale Baukörper. Für die horizontale Bewegung waren an hölzernen Drehkreuzen Sitzmöglichkeiten befestigt. Für die vertikale Drehvorrichtung hatte man eine offene Radkonstruktion aufgestellt. Der dritte Bewegungsablauf der nach rechts und links führenden Schaukelbewegung erfolgte mittels einfacher Konstruktion, bei der eine Sitzgelegenheit zwischen zwei Stützen eingehängt war.
Die ersten Belustigungsgeschäfte waren meist einfache, hölzerne Baukörper, die mit stofflichen Planen geschlossen waren. Dort wurden Abnormitäten und Länderschauen vorgeführt.
Schießvorrichtungen und Wurfspiele wurden nicht selten unter freiem Himmel oder in einfachen, marktstandähnlichen Holzgestellen, die ebenfalls mit Planen überzogen waren, angeboten. Diese wurden auch zum Verkauf von Back- und Wurstwaren genutzt.
Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beginnt der professionelle Bau von Karussells. Es war zunächst kein zu erlernender Berufszweig, sondern entwickelte sich meist aus dem Handwerk des Zimmermanns oder Stellmachers, dazu kamen Konstrukteure und Ingenieure. Inzwischen wird unter dem Oberbegriff „Hersteller“ von Karussells und anderen Bauaufgaben im Schaustellergewerbe ein ganzes Team von Fachkräften, die für Planung, Gestaltung, Ausführung und Sicherheit zuständig sind, zusammengefasst.
In welchem Bezug steht das Volksfest außerdem zur historischen Kultur- und Kunstgeschichte?
Alle Baukörper der Karussells und sonstigen Belustigungen wiesen zunächst weder Dekoration noch einen erkennbaren Bezug zur Architektur auf. Dies ändert sich erst im 19. Jahrhundert.
Beginnend etwa im Jahre 1870 bis zum Zweiten Weltkrieg waren die Karussells sowie alle Objekte auf Volksfesten mit Zitaten des Barocks, des Rokoko oder mit Jugendstilelementen gestaltet. Sie fanden ihre Vorbilder im Lebensstil der Feudalgesellschaft. Anschließend beginnt auch in der Volksfest Kunst die Moderne. Deshalb ist in der Dekoration von Schaustellergeschäften außerdem ein Vergleich zu den Stilepochen der bildenden Kunst möglich.
Der Rund-, der Hallen-, der Skelett-, sowie der Pavillonbau als Grundbauformen der Schaustellergeschäfte, orientieren sich ohne Zweifel an Bauformen, die aus der Architektur bekannt sind.
Deshalb ist die kulturhistorische Bedeutung von Karussells sowie anderer Vergnügungsobjekte der Volksfeste sowie die Entwicklung ihrer Dekorationen globale Zeugnisse der Kultur- und Kunstgeschichte weit über die Grenzen Deutschlands hinaus.